Martin hat vorneweg einige äußerst wichtige und sehr interessante Aspekte illustriert und Thematiken angesprochen, zu denen ich sehr gerne noch meine Gedanken hinzufügen würde. Falls du also noch interessiert sein solltest, lade ich Dich herzlichst ein, meinen Ausführungen zu folgen.
(Martins Artikel "Steig auf den Berg aus Dreck, weil oben frischer Wind weht. Pt.I" ist zu lesen auf : http://bbp15-bantayan.blogspot.com/2016/04/steig-auf-den-berg-aus-dreck-weil-oben.html)
So begannen unsere Planungen.
Beginnen würde ich gerne damit, das Gefühl zu teilen, wie es ist, im Schweiße seines Angsichtes, Stück für Stück, selber etwas zu konzipieren und anschließend zu errichten, bis man schließlich die große Genugtuung erfährt, Etwas das da ist, mit Masse, Größe und Länge, erschaffen zu haben.
Wenn man eine akademische Laufbahn anstrebt, dann geschieht es in unserer heutigen Gesellschaft allzu schnell, dass man den Bezug zu echten handwerklichen Arbeiten, beinahe vollkommen verliert. Sicherlich den ein oder anderen Ikea-Einkauf attackiert man in besonders mutigen Momenten mit der Anleitung in der Rechten und der Hotline in der Linken. Und manch ein Ehe- oder Sohnemann wagt sich bestimmt auch mal an den Versuch der Reperatur von Etwas im Haushalt. Doch den gesamten „natürlichen“ Prozess, den eine derartige Kreation eigentlich benötigt, sieht man dabei zumeist nur auschnittweise. Es gibt heutzutage für jede Etappe, von dem Pflanzen und Fällen der Bäume, über die gesamte Produktion, bis hin zur Wartung und Reperatur, einzelne Berufsfelder, was den gesamten Prozess dezentralisiert. Umso schöner, dass Martin und Ich es einmal ganz klassisch angehen durften, so wie unsere Ur-Ur-Vorfahren, damals Anno was-weiß-ich v.C., ihre ersten eigenen Häuser errichtet haben. Und ganz ähnlich haben wir uns gefühlt, als wir mit sehr schlichter Machete, bei der locker umgelegtes Zeitungspapier als Griff diente und Säge ausgestattet, auf sind in den Djungel um die Ecke.
Was ein richtiger Kampf ist!
Den Schweiß über unseren Körper fließend, die Haare klitschenass im Gesicht, von diversen Ranken, Dornen und fiesen Viechern zerstochen, hacken wir uns also unseren Weg, Stück für Stück, durch die Flora des Bambuswaldes, der sich nur zehn Minuten gehend, von unserer Haustür entfernt befindet. Erster Tipp: Schräg in die Bambusstämme schlagen, damit sich die, nicht gerade frisch geschärfte, Machete auch ihren Weg bahnen kann. Zweiter Tipp: Immer die (ebenfalls aus Bambus hergestellte) Leiter gut von unten festhalten, damit der „Frontkämpfer“ an ihrer Spitze irgendeine Art von Sicherheit hat. Sie ist nämlich nur zur Hälfte eine "klassische Leiter", der zweite Standpunkt fehlt komplett. Also lehnt man sie irgendwo oben im dichten Gestrüpp des Baumes an und schafft sich so etwas Stabilität.
Dabei haben wir schon kuriose Kunststückchen gemacht… In gespannter Haltung mit ausgestrecktem Arm, in ungefähr drei Meter Höhe, haben wir hartnäckig versucht den besonders gut geeigneten Bambusstamm zu erreichen. Hätte meine Mutter diese Aktion mit ansehen müssen, ich hätte mit Sicherheit ein lebenslängliches Bambusschlagen-Verbot bekommen. Liebe Grüße an Dich an dieser Stelle, Mami.
"Oh...
Hey Martin, ich habe hier ein kleines Problem."
Doch dann wird der gewünschte Bambusstamm doch noch an Land geholt!
All diese Tipps haben wir natürlich von den lokalen Fillippinos erhalten, die uns ingesamt stets bei allen Problemen oder auch mal ungefragt mit geballter Fachkraft unterstützt haben. In den Philippinen ist es allgemein noch viel üblicher, zumindest in den ärmeren Schichten der Gesellschaft, zu der wir, wie wir zumindest hoffen, guten Kontakt hatten, Dinge selber herzustellen. Nicht einer Ikea Anleitung folgend, sondern ganz oldschool vom Anfang tief im Jungle bis zum fertigen Produkt (ggf.) im Wohnzimmer. Und dabei folgt man allein der Anleitung seiner Eltern und Freunde, der mündlichen Überlieferung sozusagen, aus allererster Hand. Was dieses Gefühl einer ganheitlichen Herstellung von etwas Eigenem für Vorteile haben könnte, zu der Schlussfolgerung komme ich gerne im weiteren Verlauf meiner Darlegungen.
Unser erster Mini-Erfolg: Ein Rahmen.
Der sich auch langsam entwickelt...
Auch hier muss alles auf den Centimeter passen.
Nun sind wir also, komplett verschrammt, auf dem Weg nach Hause und tragen ungefähr zehn Meter lange Bamusstämme auf unseren Schultern. Nach einem kurzen Weg, der von allerlei neugierigen Fragen von diversen philippinischen Freunden begleitet wird, gelangen wir zu Hause an. Nun beginnt das Zerzägen nach zuvor festgesetzten Längen, das Zerschlagen mit einer Machete nach philippinischer Technik und schließlich das recht amateurhafte und spontan konzipierte Zusammenhämmern. Dieses könnt ihr lebendig auf den beigefügten Bildern verfolgen.
Unser Beutezug aus dem Bambuswald.
Der Weg zurück.
Erst muss der Bambus auf die richtigen Längen geschnitten werden.
Im Anschluss setzt man die Machete in der Mitte an und haut das Ganze auf den Boden, um es zu halbieren bzw. zu vierteln.
So zieht die Zeit vorbei und wir sehen unser anfangs so kleines Projekt, das nur aus Strichen auf einem Platt Papier bestand, wachsen und gedeihen, sehen wie, aus einem Konzept, ja einem flüchtigen Gedanken, immer mehr etwas wird. Etwas reales, mit Länge, Höhe und Tiefe. Schließlich wird es gar so real, dass es anderen Bewohnern oder Arbeitenden in der Kooperative den Weg verstellt und wir es umstellen müssen.
Mit freundlicher Unterstützung von unseren philippinischen Freunden.
Und tiefer stolz erfüllt uns, als wir realisieren, das wir nun es vervollkommnet haben. Vom Bleistiftstrich auf Papier, hinein in das lebendige Grün des Djungle, über ermüdendes Zersägen und –hacken, hin zu einem häufig fehlschlagendem Zusammenhämmern und erneut Auseinandernehmen. Bis wir schließlich die Innenseiten des Bambus mit genutzten Motoröl einstreichen, um jegliche Art von Insekten von unserem mit viel Stolz errichteten Projekt abzuhalten. Dann stehen wir vor dem fertigen Projekt – er sieht schön aus, unser kleiner Müllheimer. Ist in Realität einige Stufen größer geworden, als wir es am Anfang gedacht hatten… Aber was solls, dann gibt es halt anstelle von drei, sechs verschiedene Fächer, ist ja zur Mülltrennung ohnehin viel besser.
Stolz...
stolzer...
Naja wie bereits erwähnt, wir sind reichlich stolz, erfüllt von Freude und einem neuen Selbstbewusstsein, im Angesicht unserer eigenen Schöpfung, hervorgegangen aus unseren eigenen Händen. So ungefähr muss es sich sicherlich anfühlen ein Kind zu bekommen. Ganz winzige Unterschiede in der Intesivität der Wahrnehmung von Freude und Stolz, seien mal außen vor gelassen.
Jetzt aber mal ernsthaft, ich war sicherlich noch nie so stolz auf einen Gegenstand.
...am stolzesten.
Doch der richtig arbeitsreiche Teil...
...sind Wände und Böden.
Sicherlich man kann sich die allerteuersten Marken kaufen, aber das Einzige, was sie über dich aussagen, ist das dein Geldbeutel dick ist und dass du dein Selbstvertrauen ggf. (zum Teil) auf den Namen der Marken begründest und nicht auf deinem Ich. Solch einem Einkauf fehlt jede Spur von eigener Kreativität, Aufwands- und Lernbereitschaft. Wenn man sich das Geld hart erarbeitet hat und man der Auffassung ist, dass es die richtige Investition ist, dann möchte ich der allerletzte Mensch sein, der einen von seinem Glück abhält. Doch es ist ein Fakt, dass man gegenüber einem solchen Produkt eine vollkommen andere Perspektive hat, nämlich allein die des Geldes. Und mit vollkommen überteuerten Markenprodukten haben ich bewusst das Extrem gewählt. Gegenüber von „Billigprodukten“ haben wir doch ein Verantwortungsbewusstsein, dass dem eines Nazi gegenüber seiner Bildung gleicht : Zero.
Sicherlich mag es auch hier einige Ausnahmen geben, Menschen, die Alles wert schätzen und respektvoll behandeln und diese Herren und Damen dürfen sich jetzt berichtigerweise stolz auf die Schultern klopfen. Doch ich gehöre leider nicht dazu und ich denke so ist es mit der Mehrheit der Leser bestellt, ja mit der Mehrheit Deutschlands sicherlich auch. Also kommen wir zu der Schlussfolgerung, die sich bei Euch allen sicherlich schon abzeichnet. Ja, ich bin überzeugt, dass wir unsere Geisteshaltung gegenüber dem Konsumverhalten, dem verschwenderischen verbrauchen von Ressourcen, die wir aus irgendeinem Grund als gegeben ansehen, von Grund auf verändern müssen. Dies ist eine Lektion, die ich auf der anderen Seite der Welt lernen durfte und nun gerne mit Euch teilen würde.
Wir haben den Kontakt verloren zu dem gewaltigen Aufwand für Produktionen und dem Verbrauch an geschenkten Materialien, die wir restlos für unsere Generation beanspruchen. Ohne Weitblick beurteilen wir, wie viel sie wert seien, ohne vielleicht zu realisieren, dass sie für Wichtigeres gebraucht werden könnten. Doch zu diesem Zeitpunkt haben wir sie sicherlich aufgebraucht. Maschinen die wir konstruiert haben, haben den Produktionsablauf von brillianten Kreationen automatisiert und so wird unser Markt überschwemmt mit Computern und Handys, die alle für sich genommen schon bemerkenswert raffiniert und meisterhaft sind und dennoch reicht unsere Begeisterung kaum länger als ein Jahr, bis eine neue Generation mit minimalen Veränderungen vorgestellt wird. Wir haben unsere kindliche Begeisterungskraft und Dankbarkeit beinahe restlos verloren. Wenn uns schon ein zwei Jahre altes Handy, erfüllt von hochkomplizierten, mathematischen Rechenvorgängen und Schaltungen, sowie filigranen, technischen Bausteinen die ein hochkomplexes Gesamtmosaik aus verschiedenen Geniestreichen ergeben, nicht mehr begeistern kann… Dann natürlich auch nicht mehr der Plastikmülleimer oder die Tasse, die wir wie selbstverständlich entgegen nehmen vom letzten Einkauf in der Stadt. Hier lassen wir erst recht außer acht, dass auch diese kleinen, alltäglichen Produkte viele Jahrzente, wenn nicht Jahrhunderte menschlicher Forschung und Auspfeilung eines Schaffungsprozesses durchlaufen sind. Dass die Materialien hunderte von Kilometern gewandert sind und das Studium der Maschinen, die sie geschaffen haben, uns ganze Jahre unseres Lebens kosten würden.
Das nächste Mal also, wenn wir auf einer Straße laufen, können wir uns vielleicht daran erinnern, dass uns all dies aus dem Nichts geschenkt wurde und dass die Fertigstellung dieser Straße, vor einiger Zeit, von anderen Menschen für uns erarbeitet wurde. Dass die Materialien für diese Straße, vor tausenden von Jahren bis heute, uns von Mutter Erde geschenkt werden. Vielleicht ist es nur ein flüchtiger Gedanke, der vorbei tanzt und uns doch erahnen lässt, dass wir sehr tief drin stecken in einem Loch der Gleichgültig- und Selbstverständlichkeit. Und der uns sagen will, dass eine andere Haltung dem Leben mehr Tiefe und Schönheit verleihen kann. Vielleicht können wir anbei noch einen ebenso flüchtigen Gedanken der Dankbarkeit mitsenden. Denn dabei können wir beginnen, ganz langsam und doch stetig, Schritt für Schritt, unsere Lebenshaltung erneut zu verändern.
Amping ug daghang salamat!*
(*ph. für : Pass auf dich auf und vielen Dank! )
Gefahr...
erkannt,...
...gebannt.
Vom Entwurf...
zum fertigen Produkt.
Made by Martin ...
and Leo.
Ganz unversehrt kann man das nicht überstehen.
Anschließend haben wir noch Seminare gehalten...
...über die Gefahren von Müll in unserer Welt. ( o.l.: Müllhaufen )
Und die waren...
..echt gut besucht!
Was uns natürlich sehr gefreut hat.
Salamat!
Eine Weißheit von Martin für den Weg: Im halben Lotus sägt es sich einfach am besten!
Meine Freunde einen herzlichen Dank für Euer Interesse, während dieser, für mich, wirklich außergewöhnlichen Zeit. Dies ist wahrscheinlich der letzte Artikel. Insofern bleibt mir nur zu sagen: Besucht die Philippinen!
Euer Leo.
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